Erinnerungen an Kloppo und gemeinsam den Abstiegskampf meistern

Gerade mal 30 und schon Trainer des FC Gütersloh! Der FCG setzt mit Julian Hesse zwar auf einen sehr jungen Trainer, der allerdings schon viel Erfahrung gesammelt hat. Hesse startete seine Trainerkarriere beim FC Stukenbrock, führte den VfB Fichte Bielefeld als 28jähriger in die Westfalenliga und trainierte zuletzt die U23 des SC Verl in der Landesliga. Kurz nach seiner Verpflichtung sprachen wir mit dem neuen FCG-Trainer.
Schon als kleiner Junge hast Du im Heidewald mitgefiebert und dem FCG die Daumen gedrückt. Gibt es ein besonderes Spiel oder ein Ereignis, das Dir in Erinnerung geblieben ist?

Am meisten in Erinnerung geblieben sind mir vor allem zwei Spiele. Einerseits das 5:0 des FCG gegen den FSV Zwickau in der Endphase der Saison 97/98. Unter der Woche – Flutlichtspiel – und ein absoluter Sahnetag von Angelo Vier, dessen Name an diesem Abend mit vier Hütten hielt, was er verspricht.
Und auch das Heimspiel gegen Mainz 05, ebenfalls aus der Saison 97/98, ist noch sehr präsent in meinem Kopf. Führungstor David Wagner, kurz vor der Halbzeit 2:1 für Mainz durch Kloppo, und eine tolle Moral vom FCG und ein verdienter Sieg durch das entscheidende 3:2 vom traurigerweise kürzlich, und viel zu früh verstorbenen Mike Schürmann.

Der Abstieg aus der zweiten Bundesliga ist 20 Jahre her. Wie hast Du die Entwicklung des Vereins seitdem verfolgt?

So etwas ist immer schwierig aus der Distanz zu beurteilen. Ich bin auch kein Freund davon, Fehler oder Versäumnisse aus der Vergangenheit mit einem negativen Unterton zu kommentieren. Viel wichtiger ist es, sich in der Gegenwart und Zukunft positiv auf die Dinge zu fokussieren, auf die man einen direkten Einfluss haben kann. Und Fakt ist: Der FCG mit seinem Heidewald ist immer noch Fußballromantik und ein Verein mit Strahlkraft. Und wenn ich sehe, dass zum Auswärtsspiel nach Hamm bei Regen, Wind und Kälte 50 bis 100 positiv Fußballverrückte mitreisen, um das Team zu unterstützen, dann ist das sicherlich im Amateurfußball auch heute immer noch eine Besonderheit.

Deine Laufbahn als Spieler und später auch als Trainer haben Dich aber trotzdem nicht zum FC Gütersloh geführt, sondern zum FC Stukenbrock, zum VfB Fichte Bielefeld und auch zum SC Verl. Wie kam das?

Ehrliche Antwort und ohne geschminkte Erklärungsversuche irgendwelcher „Knieverletzungen, ohne die ich Profi hätte werden können“: Als Spieler fehlte hinten raus schlichtweg die Qualität, die ich mir heute als Trainer von Spielern in diesen Ligen erhoffe.

An welchen Trainern in der Bundesliga oder international orientierst Du dich?

Die Frage würde ich gern differenziert beantworten: Ich schaue mir zur Zeit total gern die Spiele von Ajax und Liverpool an – die Intensität und Überzeugung des Pressings, das Selbstverständnis und der Mut im Ballbesitz und die Geschwindigkeit in die Tiefe machen einfach Spaß.

In Bezug auf die Persönlichkeit lese ich mir gern Geschichten über Marcelo Bielsa, dem aktuellen Trainer von Leeds United, durch. Erst kürzlich schickte er seine Spieler drei Stunden zum Müll aufsammeln in die Stadt – weil er sie dafür sensibilisieren wollte, wie lang ein Fan im Durchschnitt arbeiten müsse, um sich eine Karte im Stadion leisten zu können.



Du hast jetzt Deinen Trainerjob beim FCG angetreten. Wir stecken mitten im Abstiegskampf. Wie gehst Du jetzt Deine neue Aufgabe an?

Wichtig ist mir an dieser Stelle zu erwähnen, dass wir diese Aufgabe nur im Team angehen können. Die Arbeit, die der jetzige Vorstand für den gesamten Verein – und die Christa, Hartmut und Michael tagtäglich für die Mannschaft leisten – sind wahrlich keine Selbstverständlichkeit und absolut bemerkenswert. Diesen Menschen schulden wir, Ende Mai in ihre Gesichter zu gucken, und ehrlich sagen zu können, dass wir alles gegeben haben vom jetzigen Zeitpunkt an. In jedem Spiel, aber auch in jedem Training. Zudem wird es wichtig sein, dass der Teamspirit, den Alex Schiller im Hamm-Spiel geweckt hat, die Basis für die nächsten Wochen bildet. Ebenfalls wird es wichtig sein, dass wir nach Rückschlägen das ganze drumherum, wie beispielsweise die negative Berichterstattung, komplett ausblenden, mental stabil bleiben und auch die nötige Lockerheit mitbringen werden. Und zu guter Letzt wird es wichtig sein, dass die Mannschaft klare taktische Vorgaben mit auf den Weg bekommt, an denen sie sich in den 90 Minuten plus x orientieren kann.

In Deinem Gespräch mit dem Vorstand hast Du deutlich gemacht, dass Du den Trainerjob beim FCG gerne sofort übernimmst, weil Du auch vom Klassenerhalt überzeugt bist. Zu dem Zeitpunkt hatte das Team 14 Punkte auf dem Konto. Was macht Dich da so sicher?

Ich denke einfach, dass wenn wir es schaffen, Spieler wie Lars Schröder, Saban Kaptan, Sinan Aygün und Lars Beuckmann wieder näher an ihr Leistungslimit zu bringen, die Mannschaft definitiv besser ist, als es der Tabellenplatz gerade über sie aussagt. Dessen müssen sich die Spieler auch bewusst sein und sollten in den nächsten Monaten die Verantwortung dafür übernehmen. Zudem glaube ich, dass die treuesten Fans vom FC Gütersloh in schwierigen Phasen – soweit sie das Gefühl bekommen, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht, die versucht alles raus zuhauen – eine besondere Atmosphäre kreieren können, die nochmal ein paar Prozentpunkte mehr raus kitzelt.
Unabhängig von der jetzigen Tabellensituation habe ich ja einen längerfristigen Vertrag unterschrieben, und die kommenden Monate werden sicherlich helfen, die taktisch mitgegebenen Prinzipien eher zu verinnerlichen, als es in einer einzigen Sommervorbereitung der Fall hätte sein können.

Im nächsten Spiel müssen wir bei den Sportfreunden Siegen antreten. Was weißt Du vom Gegner und wie informierst Du dich?

Siegen ist sicherlich eine Mannschaft, die Oberliga-untypisch häufig versucht, das Spiel flach zu eröffnen und nach spielerischen Lösungen sucht. Den feinen Fußballern in der Zentrale rund um Schlüsselspieler und Kapitän Björn Jost dürfen wir keine großen Räume bieten, um geöffnete Situationen möglichst zu vermeiden. Dafür wird auch der Fleiß gegen den Ball von unseren offensiv ausgerichteten Akteuren entscheidend sein. Bezüglich des Gegners informiere ich mich, indem ich mir die letzten Spiele selbst anschaue und zusätzlich noch mit Alex Schiller und unseren Spielern Rücksprache halte.

Du bist jetzt Oberliga-Trainer. Das ist von der U23 des SC Verl ein Sprung um zwei Klassen nach oben. Was unterscheidet die Oberliga und die Landesliga voneinander?

In Bezug auf den Fußball ist der erkennbarste Unterschied nach den ersten Trainingseinheiten sicherlich die Athletik und die Durchsetzungsfähigkeit der Spieler.
In der Trainerarbeit selbst erfordert alles noch mehr Zeitengagement – weswegen ich meiner Mama und vor allem auch meiner Freundin sehr dankbar bin, dass sie mich privat so viel unterstützen und ich meine Leidenschaft mit einem guten Gefühl ausleben kann.



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